logo
Programm .. Ablauf .. Sponsoren & Partner .. Anmeldung .. Team .. Kolloquium - Archiv
flag
Zum Leben erweckt: Tod in der Soziologie > Kolloquium - Archiv > Gesund! Schön! Sexy! > Programm




Navigation

Verwandte Seiten

Suchen

Advanced




Themenblock 2: Der sichtbare Körper


Samstag, 26. November 2005, 10h15 - 11h15



WORKSHOP 1: Körperfixierung und Körperentfremdung. Der ersatzreligiöse Schönheitskult vom antiken Ideal bis zum postgenderen Cyborg

» Dr. Theodor W. Beine
Universität Duisburg-Essen

Inhalt
Folgende Thesen werden im Rahmen des Workshops zur Diskussion vorgeschlagen:

1. Das antike Ideal des makellosen männlichen Körpers wird personifiziert in der mythologischen Gestalt des Adonis, der sich sprichwörtlich bis in unsere Zeit erhalten hat. Die 'schöne Helena' wiederum ist angeblich ein Konstrukt - die perfekte Schönheit wurde durch die Zusammensetzung mehrerer Gesichter erreicht. In unserer modernen, ja postmodernen Welt geistert das Bild von Lara Croft in vielen Köpfen als das Maß aller ebenmäßigen (Cyber-)Schönheit.

2. Schönheitsideale unterliegen dem gesellschaftlichen Wandel. Gemeinsam ist allen Vorstellungen, dass sie den Körper als einen kulturellen Konstruktionsschauplatz begreifen. Die Unterschiedlichkeit biologisch bedingter Körpermerkmale und -eigenschaften wird kulturell überformt (bis hin zu schönheitschirurgischen Eingriffen) und damit dem jeweils herrschenden Ideal nachgebildet. Körperbilder befinden sich ständig zwischen Natur und Kultur. Unberührte Natur zeigt sich in der 'natürlichen', d.h. unveränderten Nacktheit des Menschen, die alles Äußerliche enthüllt.

3. Veränderungen der Sichtbarkeit von Makellosigkeit und Makeln kann man durch Bemalungen (vom einfachen Schminken bis zur vollständigen Körperbemalung), Verhüllungen (von der nichts verdeckenden Schnur bis zum alles verhüllenden Tschador) und operative Veränderungen (von der Deformation zur Formation - im wahrsten Sinne vom Scheitel bis zu den Zehen) bewirken. Die sich in der "Bastelexistenz" des Körpers manifestierende Gestaltbarkeit des Körpers machen sich Medizin (durch chirurgische Eingriffe), Wirtschaft (Werbung), Kunst (Körperbemalung, Tattoo, Piercing), Mode und Kosmetik(industrie), Bodybuilding ("Subversiver" Körperkult), der Ernährungs-, Gesundheits- und Fitnessmarkt und das Individuum selbst zunutze (Schminken).

4. Der Körper ist alltäglich. Ziel ist die Erreichung des Schönheitsideals. Ist er schließlich ein perfekter Körper, ist er ein totales Symbol. Der perfekte Körper ist ein körperloser Körper. Der Körper ist meist nicht perfekt, er ist modelliert, geschunden, empfindsam, entspannt, dekonstruiert, zivilisiert und kultiviert, mutiert (Cyborgs), diszipliniert, verfasst, hybridisiert, komisch, verziert, drapiert oder einfach: schön.

5. Die Schönheit, die von innen kommt, ist ein gesellschaftliches Konstrukt. Ein wahrhaft schönes menschliches Wesen setzt aber äußere und innere Schönheit voraus. Die innere Schönheit, wie sie sich in der schlichten Statue des Adonis manifestiert, droht heute auf der Strecke zu bleiben. Was zählt, ist die äußere Schönheit.

6. Der Blick für Schönheit ist an das Auge gebunden. Der Körper ist gewissermaßen die Schnittstelle zwischen Blick und Berührung. Mit dem Auge kann man ein vollständiges Körperbild erfassen und damit auf die äußerliche, körperliche Unversehrtheit schließen. Das Auge erfasst das Gesicht, die Körperformen und Proportionen. Die Erotik des Blicks - Lüsternheit führt zum pornographischen Blick. Das Auge stellt den ersten Körperkontakt her, der im sexuellen Akt der Penetration am intimsten ist.

7. Der pornographische Blick als pornotopische Technik des Betrachtens findet seinen deutlichsten Ausdruck in Courbets Bild "L'origine du monde". Im Schönheitskult sind alle Voyeure offen oder versteckt.

8. Zu den Körpersymbolen gehören die Haut und die Haare. Die Haut ist die Eingrenzung und Einhüllung des Körpers. Ist sie glatt, ist sie schön, ist sie runzelig, ist sie hässlich. Haare verhüllen die Haut. Sie haben sowohl Naturcharakter (natürlicher Körperschmuck) als auch die Eigenschaft der Manipulierbarkeit (Schneiden, Färben, Wellen). Haaren wird eine magische Kraft zugeschrieben, sie sind Zeichen für Lebenskraft, Virilität und sexuelle Potenz. Gerade diese Wirkung der Verführbarkeit bedingt die Notwendigkeit der Verhüllung für die moslemische Frau.

9. Die Realität von Schönheit stellt sich als Materialisierung gesellschaftlicher Normen dar. War einst die antike Statue das Vorbild, das man selbst nie zu sehen bekam, so findet sich Schönheit heute sichtbar in der Form der Werbung gleich für welches Produkt, natürlich vor allem auch für Produkte der Schönheitswirtschaft selbst. In unserer Konsumkultur wird der Körper inszeniert und modelliert. Der Schönheitswettbewerb ist die Zurschaustellung sexueller Attraktion zwischen jugendlicher Natürlichkeit und kultivierter Schönheit). Die Repräsentation des schönen Körpers ist die Schnittstelle zwischen Blick, Sprache, Körper und Begehren. Schönheitshandeln ist ein Beitrag zur sozialen Positionierung.

10. Schönheit ist trotz Adonis nicht männlich. Schönheitsideale werden auf den ersten Blick nur mit Frauenkörpern verbunden. Doch auch die Männer vergleichen sich mit Schönheitsbildern. Der schöne Mann ist Abenteurer, zumeist mit nacktem Oberkörper, hemdlos. Der schöne Mann - ein Konstrukt der Frau. Zudem gilt: black ist beautiful!

11. Es gibt auch entstellte Körper durch Unfälle, durch Kriegseinwirkungen, aber auch von Geburt an. Als nicht schön gelten monströse Körper, obwohl sie faszinierend wirken (Frankenstein, Quasimodo). Als besondere Form des "entstellten" Körpers gilt der schwangere Körper.



WORKSHOP 2: Stadtrundgang: Erstarrte Körper

» Michèle Métrailler
Universität Bern

Inhalt
In methodischer Anlehnung an raumsoziologische Analysen wie etwa bei Gabriele Sturm wird in diesem Workshop die Kategorie ?Raum? als Mittel zur Repräsentation und Konstruktion sozialer Wirklichkeit thematisiert. Herrschafts- und Ordnungsverhältnisse des sozialen Raumes schlagen sich im materiellen Raum in vielfältiger Art und Weise nieder. Die Positionierung im sozialen Raum, definiert durch die Höhe und Art der Ausstattung an den verschiedenen Kapitalsorten (beispielsweise ökonomisches, kulturelles und soziales Kapital nach Bourdieu), bestimmt die Definitionsmacht über den materiellen Raum. Wer bestimmt über den Raum? Welche Werte, Normen und Tugenden, welche Weltanschauungen werden mithilfe von Raumkonstrukten in der Öffentlichkeit platziert? Eine Analyse von Raumbezügen beinhaltet jedoch nicht nur die Bestimmung über, sondern auch die Aneignung von Raum: Wer nutzt welchen Raum? Es stellt sich in diesem Zusammenhang auch die Frage, für wen welcher R aum in welcher Ausgestaltung vorgesehen ist beziehungsweise verweigert wird.

Anhand der Betrachtung der Figuren der Heldendenkmäler, symbolträchtigen Allegorien und ästhetischen Plastiken, die sich in jedem städtischen Raum finden, kann diesen Fragen beispielhaft nachgegangen werden. Die erstarrten Körper der steinernen Gesellschaft inmitten der Stadt Bern können als die Materialisierung der sozialen Verhältnisse ihrer Entstehungszeit betrachtet werden. Im Workshop wird anhand eines Stadtrundgangs vor Ort den Spuren einer patriarchalischen Geschlechterordnung nachgegangen. Die visuelle Konstruktion von Männlichkeit und Weiblichkeit in Form dieser Denkmäler und Figuren spricht bei genauem Hinsehen eine klare Sprache. Doch wie schaut man genau hin? Und vor allem auch: Wer schaut schon genau hin? In einer kritischen Auseinandersetzung mit dem Gesehenen und Wahrgenommenen (Raum besteht nicht nur aus Visuellem) sollen einerseits Grundsätze raumanalytischer Betrachtungsweisen kennen gelernt sowie die Wechselbeziehung von räumlichen Gegebenheiten und sozialem Handeln diskutiert werden.



WORKSHOP 3: Wo Frauen ins Gewicht fallen: Sozialanthropologische Deutungen weiblicher Mastkuren in der Sahara (Tuareg, Bîdan)

» Dr. Saskia Walentowitz
Universität Bern

Inhalt
Junge Mädchen der Tuareg und der Bîdan Nomaden wurden bzw. werden in wenigen Gegenden der Sahara auch heute noch mit grossen Mengen an Hirse und Milch regelrecht gemästet, bis sie eine enorme Leibesfülle aufweisen. Diese qualvolle und gesundheitsgefährdende Praxis zugunsten eines, für den westlichen Geschmack "abwegigen" Schönheitsideals, wird von den wenigen AnthropologInnen, die sich mit dem Phänomen beschäftigt haben, als Instrument männlicher Vorherrschaft betrachtet. Der zur Immobilität gezwungene weibliche Körper erscheint in dieser Perspektive als ein Körper im Dienste sexueller Begierde von Männern und kontrollierter Reproduktion. Diese Analyse mag im arabischen, von agnatischen Werten stark geprägten Teil der Sahara zunächst überzeugen. In der frauenzentrierten Berbergesellschaft der Tuareg ist diese Deutung jedoch weniger evident. Dort gilt der dominante Frauenkörper als stabile und resistente Mitte, um die sich das Leben organisiert. Den Schlüssel zum Verständnis der erstrebenswerten Fettleibigkeit birgt aber das Post-Partum Ritual, während dessen sich die Wöchnerin ebenfalls einer Mastkur unterzieht. Erreicht wird die Körperfülle durch eine strikt getrennte Einnahme von Hirse und Milch, die respektive als männliches und weibliches Nahrungsmittel gelten. Vor diesem Hintergrund werde ich in meinem Vortrag versuchen, das extreme Körperkonzept der Saharafrauen in Bezug auf die Rolle der Geschlechterdifferenz innerhalb der Gesellschaft, Verwandtschaftsordnung und Kosmogonie neu zu interpretieren.



WORKSHOP 4: Le corps visible

» Dr. Cynthia Kraus
Université de Lausanne

Contenu:
Pour lancer la discussion, nous proposons 3 axes de questionnement:

1) Questions autour des techniques de visualisation et de représentation : comment le corps, l?infiniment petit, ou encore l?invisible, devient-il visible, lisible ?
Nous pensons en particulier à l?invention du "regard médical" au 19ème siècle comme le montre Michel Foucault dans "Naissance de la clinique. Une archéologie du regard médical" (Paris : PUF, 1963), mais aussi, plus récemment, au développement de l?imagerie médicale. Par exemple, The Visible Human Project dont le but à long terme est : "to produce a system of knowledge structures that will transparently link visual knowledge forms to symbolic knowledge formats such as the names of body parts." (» cf.)

2) Questions autour du langage de la représentation et de la performance : comment parler du corps? Voir, représenter le corps versus faire le corps?
On peut penser aux ouvrages suivants : Judith Butler, Bodies that Matter. On the Discursive Limits of "Sex" (New York & London : Routledge, 1993) ; Bruno Latour, "How to Talk About the Body? The Normative Dimension of Science Studies", Body and Society, 2004, Vol. 10, No. 2-3 : 205-229 ; Annemarie Mol, The Body Multiple. Ontology in Medical Practice (Duke University Press, 2002, 2003)

3) Questions autour de la "disparition" du corps dans l?espace de la représentation : du corps à l?espace, ou de la théorie féministe à la théorie queer?
Nous pensons en particulier à : Judith Halberstam : In a Queer Time and Space., Transgender Bodies, Subcultural Lives (New York : New York University Press, 2005). Description du livre (extrait en ligne) : "Considering the sudden visibility of the transgender body in the early twenty-first century against the backdrop of changing conceptions of space and time, In a Queer Time and Place is the first full-length study of transgender representations in art, fiction, film, video, and music. This pioneering book offers both a jumping off point for future analysis of transgenderism and an important new way to understand cultural constructions of time and place."

N.B. : La discussion peut se tenir en français ou en anglais, ou dans les deux langues, selon la préférence des participant(e)s.



Diese Seite druckenSeite als E-Mail verschickenen français

17.09.07 22:42


Kontakt
Fragen und Anregungen ans OK per » Kontaktformular


Programm | Ablauf | Sponsoren & Partner | Anmeldung | Team | Kolloquium - Archiv